Verleihung der Stadtrechte 1975
Der Weg von der Gemeinde zur Stadt (ein kurze Zusammenfassung):
- Erste Überlegungen Vellmar zur „Stadt“ zu machen gab es bereits seit Beginn der 70er Jahre bzw. nach Zusammenschluss von Niedervellmar, Frommershausen und Obervellmar zur „Großgemeinde Vellmar“. Die ehemaligen Dörfer sollten „zusammenwachsen“, ein neues Ortszentrum sollte entstehen und auch über eine von allen Orts- (später Stadt-) teilen erreichbare Freizeitanlage – den späteren Ahnepark – wurde zu dieser Zeit schon nachgedacht.
- In der Gemeindevertretersitzung vom 23. Dezember 1974 wurde es dann offziell:
Die Gemeindevertreter beschlossen, einen Antrag auf Verleihung der Stadtrechte beim zuständigen hessischen Innenministerium zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Vellmar bereits 14.000 Einwohner. Bericht aus dem Gemeindeparlament (erschienen im Wochenspiegel Vellmar vom 10. Januar 1975):
Wird Vellmar die Stadtrechte erhalten?
Einstimmig hat die Vellmarer Gemeindevertretung den Gemeindevorstand beauftragt, beim hessischen Innenministerium die Verleihung der Stadtrechte zu beantragen. In Vellmar würde man es begrüßen, wenn die Verleihung der Stadtrechte anlässlich der 1200-Jahrfeier von Vellmar erfolgen könnte, die im Sommer dieses Jahres im Rahmen einer Festwoche begangen werden soll.Der Beschluss wurde aufgrund eines gemeinsamen Antrages von SPD und FDP in der jüngsten Sitzung des Gemeindeparlaments gefasst. Für die SPD-Fraktion erklärte Frank Thurau, mit Rücksicht auf die aufstrebende Entwicklung in Vellmar und die zahlreichen Infrastrukturmaßnahmen, die die Gemeinde in den letzten Jahren vollendet habe, sei die 1200-Jahrfeier von Vellmar der richtige Rahmen für die Verleihung der Stadtrechte.
Franz Steiner (FDP) vertrat die Auffassung, dass Vellmar als 3.größte Gemeinde im Landkreis Kassel entsprechend der Entwicklung „jetzt dran sei“, Stadt zu werden.
Volker Fach (CDU) erinnerte daran, dass auch seine Partei sich bereits vor einem Jahr nach diesem Antrag in einer Fragestunde erkundigt habe. Vielleicht werde auch durch die Verleihung der Stadtrechte „das Gerede von der Eingemeindung Vellmars“ endgültig abgeschlossen.
Gemeindevertreter-Vorsteher Willi Eiermann (SPD) betonte, dass mit diesem Antrag die Gemeinde weder Mauern noch Türme, weder Zollfreiheit und Münzrecht für sich in Anspruch nehmen wolle. Im Grunde werde für die Bürger alles „beim alten“ bleiben. Gleichwohl solle man aber diesen Antrag stellen. (Text: Helmuth Breiter)
- Am 8. April 1975 wurde der Antrag in Wiesbaden eingereicht, verbunden mit dem Wunsch, bei einem positiven Bescheid die Verleihung im Rahmen der 1.200-Feier Vellmars durchzuführen.
- Die Bewerbungsunterlagen, die (lt. Kurt Stückrath, der damals als Büroleiter federführend zuständig war) mehrere Aktenordner umfasste, enthielten z.B. original Luftaufnahmen, die extra und mit Hilfe des damaligen Bundesgrenzschutzes in Ihringshausen, aufgenommen wurden, um die schon vorhandene, aber auch zukünftig geplante „städtische Infrastruktur“ nachzuweisen.
Die Hessische Landesregierung entsprach diesem Antrag am 09. Juli 1975.
- Die Verleihung der Stadtrechte fand dann (wie gewünscht zum Auftakt der Festwoche zur 1.200-Jahr-Feier) am 30. August 1975 im Rahmen eines Festaktes in der Kulturhalle Niedervellmar statt. Die Urkunde, mit dem Recht sich von nun an „STADT“ nennen zu dürfen, wurde vom damaligen Hessischen Ministerpräsidenten, Albert Osswald, an Vellmars Bürgermeister Helmut Wagner überreicht und Vellmar wurde somit zur 180. Stadt in Hessen.
- Es folgte eine Festsitzung der „nun“ Stadtverordneten am 1. September 1975 mit Überreichung der „Freiherr vom Stein Plakette“ vom damaligen hessischen Innenminister Hanns-Hermann Bielefeld, die ebenfalls Bürgermeister Helmut Wagner in Würdigung der kommunalen Aufbauleistung der vergangenen Jahre, entgegennahm.
- Glückwünsche und Festgeschenke:
u.a. vom damaligen Landrat des Landkreises Kassel, Dr. Gerhard Arnold, der ein Geldgeschenk des Kreises überbrachte und die Infrastruktur in der Stadt Vellmar in allen Bereichen vorbildlich nannte. Auch in der Bodenpolitik habe die Stadt Vellmar sehr weitblickend geplant. - Für die Bürgermeister der Städte und Gemeinden im Kreis, überreichte der damalige Bürgermeister von Kaufungen, Gerhard Iske, einen großen Zinnkrug an Bürgermeister Helmut Wagner, der aber nicht als Trinkgefäß, sondern eher als Blumenvase gedacht sei. Dieser Zinnkrug hatte viele Jahre seinen Ehrenplatz im Bürgermeister-Büro, als Blumenvase wird er allerdings eher selten benutzt.
- Gutnachbarliche Grüße, aber aufgrund der Finanznot keinen Scheck, überbrachte für die Stadt Kassel der ehemalige Bürgermeister Heinz Hille. Er hatte Bedenken, der Scheck könne aufgrund der Finanzlage der Nachbarstadt nicht gedeckt sein. Einen mit Sicherheit gedeckten Scheck, wie er betonte, überreichte der damalige Direktor Gerhard Ribbert von der Kreissparkasse Kassel.
Der Bericht zur Veranstaltung von Helmuth Breiter aus dem Wochenspiegel Vellmar vom 01.09.1975
Erinnerungen an die Stadtrechtsverleihung:
Weitere Relikte oder besser gesagt: „Erinnerungsstücke“ an die Verleihung der Stadtrechte von 1975, sind z.B. die damals gepflanzten Lindenbäume mit aufgestellten Gedenksteinen in den Stadtteilen oder auch die von Steinmetz Uwe Kunze zur Meisterprüfung erschaffene Marmorsäule, die bis zur Rathaussanierung im Eingangsbereich des Rathauses aufgestellt war. Nicht zu vergessen die Feuerwache der Stadt Vellmar, deren Grundstein, ebenfalls im Rahmen der Festwoche, gelegt wurde.